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News / Corona: Gibt es einen Maulkorberlass für Ärztinnen und Ärzte der Stadt Wien?
07.05.2021   Vermischtes
Corona: Gibt es einen Maulkorberlass für Ärztinnen und Ärzte der Stadt Wien?
Und warum wenden sich immer mehr Pfleger anonym an Medien? Brennende Fragen aus der Medienszene beantwortet Dr. Media in seiner Onlinepraxis.
Dr. Media.: Ist es nicht verwunderlich, dass den Medien immer dieselben drei, vier Ärzte und Ärztinnen aus den Spitälern des Wiener Gesundheitsverbunds, ehemals Krankenanstaltenverbund, für Expertisen zur Verfügung stehen? Sind die anderen wegen der Pandemie so beschäftigt, dass sie keine Kapazitäten für Öffentlichkeitarbeit haben? Oder wollen sie ganz einfach nicht, weil das nicht zur ihren Aufgaben gehört? Weder noch – sie dürfen nicht, weiß Dr. Media.


Die Stadt Wien hat nämlich den Gesundheitsverbund angewiesen, Medienanfragen zentral zu sammeln und ausschließlich an handverlesene Experten weiterzuleiten, die speziell geschult sind und sich, wie es heißt, „immer an das Wording halten“. Innerhalb der Belegschaft führt das zunehmend zu Unmut, zahlreiche Ärzte und Pflegekräfte würden gern von ihren persönlichen Beobachtungen berichten, dürfen aber nicht. Stattdessen stellen sie verdutzt fest, dass Kollegen aus anderen Krankenhäusern über ihr Spital und ihre Abteilung reden.


Dabei geht es dem Gesundheitsverbund hauptsächlich darum, zwei Botschaften zu vermitteln – die Situation auf den Intensivstationen ist weitgehend im Griff, weder müssen wichtige Eingriffe verschoben, noch schwer erkrankte Menschen in andere Bundesländer transportiert werden. Und die Covid-19-Patienten kommen aus allen sozialen Schichten, Berufs- und Altersgruppen, niemand sollte sich sicher fühlen, jeden kann es treffen.


Ärzte, die andeuten, dass von Anfang an ein unverhältnismäßig hoher Anteil der Patienten auf der Intensivstation einen Migrationshintergrund aufweist und gleichzeitig so gut wie alle stark übergewichtig sind, werden verwarnt und für Medienanfragen gesperrt. Was letztlich nur dazu führt, dass diese Mediziner Journalisten im Vertrauen kontaktieren und ihnen anonym Informationen zukommen lassen.


Ein fatales Signal an die Bevölkerung, denn warum müssen Ärzte und Pfleger ihre Erfahrungen anonym schildern? Wovor fürchten sie sich? Warum verpasst ihnen der Gesundheitsverbund einen Maulkorb? Fragen, mit denen sich die Stadt Wien beschäftigen sollte, wenn sie nicht will, dass es zu noch mehr Verunsicherung kommt, als ohnehin schon wegen der Pandemie herrscht. Die Geschehnisse in den Spitälern sind den Menschen zumutbar. Informationen vorzuenthalten, schafft kein Vertrauen – weder zur Belegschaft noch zur Bevölkerung.


Weitere Antworten zu brennenden Medienfragen erhalten Sie im Magazin „journalist:in“.


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