„Gift spritzen“, „Great Reset“ und „Kapitol-Stürmung“ – Informationen in Artikeln „nicht gewissenhaft und korrekt wiedergegeben“. wochenblick.at nahm in allen drei Fällen nicht am Verfahren vor dem Presserat teil.
Wien – Die Senate des Presserats stellten gleich in mehreren Fällen medienethische Verstöße von wochenblick.at fest. Betroffen sind die Artikel „Gesichtserkennungs-Software bestätigt: Antifa bei Kapitol-Stürmung“, „Impf-Sachverständiger: ‚Diese Impfung ist eine Lüge und Riesenbetrug‘“ und „Gesundheitsminister Anschober huldigt dem ‚Kreis des Bösen‘“. Die genannten Artikel verletzen Punkt 2.1 des Ehrenkodex für die österreichische Presse (Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten), sendet der Pressrat aus.
Presserat erklärt Entscheidungen
Im Artikel
„Gesichtserkennungs-Software bestätigt: Antifa bei Kapitol-Stürmung“ wird festgehalten, dass laut US-Medien bei der „Kapitol-Stürmung“ in Washington D.C. auch Antifa-Mitglieder dabei gewesen sein sollen – dies sei mit einer Software zur Gesichtserkennung festgestellt worden. An einer späteren Stelle im Artikel heißt es, dass diese Ansicht inzwischen korrigiert worden sei. Nach Meinung des Senats 3 war es dem „Wochenblick“ offenbar ein Anliegen, die ursprüngliche fehlerhafte Berichterstattung aufrecht zu erhalten: Trotz Widerrufs der US-Medien heißt es in der Überschrift und im Vorspann nach wie vor, dass eine Gesichtserkennungs-Software die Antifa bei der Kapitol-Stürmung bestätige. Das Medium wollte anscheinend von der ursprünglichen Version der Geschichte nicht abgehen.
Im Artikel
„Impf-Sachverständiger: ‚Diese Impfung ist eine Lüge und Riesenbetrug‘“ wird ein Interview mit einem Grazer Allgemeinmediziner wiedergegeben. Darin führt der interviewte Arzt u.a. aus, dass man „Giftstoffe“ spritze und die Impfung gegen das Coronavirus die „Spitze des Impfwahnsinns“ sei. Zu diesem Artikel hält der Senat 2 des Presserats fest, dass Medien bei der Wahl ihrer Interviewpartnerinnen und Interviewpartner prinzipiell frei sind und im Rahmen eines Interviews auch fragwürdige Ansichten veröffentlicht werden dürfen. Bei besonders drastischen Wortmeldungen kann es jedoch zusätzlich erforderlich sein, dass das Medium das Zitat entsprechend kontextualisiert oder sich von diesem ausreichend abgrenzt. Im vorliegenden Fall wäre es somit erforderlich gewesen, die fragwürdigen Behauptungen des Interviewpartners zu kontextualisieren und außerdem darauf aufmerksam zu machen, dass er als Arzt äußerst umstritten ist.
Im Artikel
„Gesundheitsminister Anschober huldigt dem ‚Kreis des Bösen‘“ wurde über eine „verhängnisvolle Agenda 2030“ berichtet, durch die der „ur-kommunistische Gedanke der Gleichmacherei“ weltweit umgesetzt werde. Auch der (ehemalige) Gesundheitsminister Rudolf Anschober sei dabei und trage das Symbol der Agenda, den „Kreis des Bösen“, bereits seit 2019 am Revers; später ist im Artikel von einer „teuflischen Agenda“ die Rede. Nach Auffassung des Senat 1 enthält der Artikel mehrere Formulierungen, die Angst schüren sollen, außerdem wird auf eine derzeit verbreitete Verschwörungstheorie rund um das Coronavirus angespielt: Nämlich auf die Idee des „Great Reset“, die eine globale Verschwörung hinter COVID-19 suggeriert. Nach der Entscheidungspraxis der Senate des Presserats ist die (unreflektierte) Wiedergabe einer Verschwörungstheorie klar als Verstoß gegen den Ehrenkodex zu werten.
In allen drei Fällen gelangten die Senate zu dem Ergebnis, dass die Informationen in den Artikeln nicht gewissenhaft und korrekt wiedergegeben wurden (Punkt 2.1 des Ehrenkodex). Beim Artikel über den früheren Gesundheitsminister Anschober stellte der Senat 2 zusätzlich einen Verstoß gegen Punkt 5 des Ehrenkodex fest (Persönlichkeitsschutz). Die Medieninhaberin von wochenblick.at nahm in allen drei Fällen nicht am Verfahren vor dem Presserat teil. Sie wird dennoch von den Senaten aufgefordert, die Entscheidungen freiwillig zu veröffentlichen oder darüber zu berichten.
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