Warum der Cartellverband fassungslos über sein Mitglied ist, aber trotzdem nichts gegen den ServusTV-Intendanten unternimmt, erklärt Dr. Media in seiner Journalist:in-Kolumne.
Salzburg – Religio, Scientia, Amicitia und Patria. Das sind die vier Prinzipien des Österreichischen Cartellverbands (CV), zu dem auch die Katholische Hochschulverbindung Rupertina in Salzburg gehört. Eines der Mitglieder dort ist ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider, der Woche für Woche in der Sendung „Der Wegscheider“ kein Geheimnis aus seiner impfkritischen Haltung macht. Seine aberwitzigen und schon mehrfach widerlegten Aussagen über die Corona-Impfung, die Impfpflicht und das Pferdewurmmittel-Medikament Ivermectin brachten ihm schon eine Beschwerde bei der Medienbehörde KommAustria ein. Die Untersuchung läuft noch.
Aber wie denkt eigentlich seine Hochschulverbindung über Wegscheiders Repräsentation des Prinzips Scientia (Wissenschaft)? Müsste jemand, der immer wieder in Konflikt mit renommierten Wissenschaftlern gerät und sich abfällig über evidenzbasierte Medizin äußert, nicht Probleme mit dem CV bekommen? Vorläufig sieht es nicht danach aus, wie Dr. Media erfuhr. Zwar sorgen seine absurden Kommentare auch bei seinen Bundesbrüdern für Kopfschütteln und Fassungslosigkeit, aber sie reichen nicht, um ihm eine eindeutige Verletzung des Prinzips vorzuwerfen.
Seine Kritik bezieht sich nämlich in der Regel auf konkrete Bereiche wie zum Beispiel mRNA-Impfstoffe und stellt nicht die Wissenschaft als solche infrage. Zumindest nicht ausdrücklich. Darüber hinaus tätigt er seine Aussagen unter dem Deckmantel der Satire, intern eines seiner stärksten Argumente. Nicht zuletzt hat der CV kein Interesse daran, in diesem Zusammenhang Gegenstand einer öffentlichen Debatte zu werden. Eine solche wäre unvermeidlich, sollte Wegscheider öffentlich zur Zurückhaltung gemahnt werden. Innerhalb des Cartellverbands ist das freilich längst geschehen.
Mit mäßigem Erfolg, wie man sieht. Allerdings könnte der Ton schnell rauer werden, sollte die KommAustria zu einem vernichtenden Urteil über Wegscheider kommen. Die insgeheime Hoffnung lautet daher, dass mit dem möglicherweise bevorstehenden Ende der Pandemie die Grundlage für Wegscheiders tendenziöse Berichterstattung wegfällt und sich das Problem von selbst löst.
Realistischer ist aber, dass irgendwann der hausinterne Druck zu groß wird, weil wegen Wegscheiders Äußerungen wichtige Partner abspringen könnten. Vor Kurzem beendete der Modehersteller Cinque die Zusammenarbeit mit ServusTV, zuvor verabschiedeten sich namhafte Mitarbeiter von Talkshows des Senders. Zwar sind die Finanzen nicht gerade das größte Problem von ServusTV, aber ein Medium, mit dem (abgesehen von Sportlern, die von Red Bull gesponsert werden) niemand etwas zu tun haben will, kann auch nicht im Interesse des Erfinders sein. Vor allem dann, wenn der Erfinder für seine Wankelmütigkeit und Ungeduld bekannt ist.
Sind Rosemarie Schwaiger und Andreas Schnauder der letzte Widerstand gegen die Coronapolitik? Gibt es gar keine Opposition in der „Falter“-Redaktion? Laufen Puls 4 die Journalistinnen und Journalisten weg? Was steckt hinter dem Personalabbau bei „Österreich“? Warum fehlen „Österreich“ die Callgirls?
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