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Christian Wehrschütz
24.05.2022   Vermischtes
Christian Wehrschütz: „Hut, wenn es windig ist. Helm, wenn es wirklich gefährlich ist“
Wie der ORF-Korrespondent trotz des vielen Leids in der Ukraine objektiv bleiben kann, wie er mit der Angst seiner Enkelin umgeht und wo er politisch steht.
Wien – „Mutmaßlich“ darf im Wortschatz eines Kriegsberichterstatters nicht fehlen, erklärt Wehrschütz im Interview mit „Österreichs Journalist:in“. Wie der ORF-Korrespondent seine Aufgabe definiert, wie er trotz des vielen Leids objektiv bleiben kann und wie er mit der Angst seiner Enkelin umgeht.
 
Ihr Profilfoto auf Whatsapp zeigt Sie mit Ihrer Enkelin Emilia. Wie erklären Sie ihr den Krieg in der Ukraine?
Christian Wehrschütz: Eigentlich bisher gar nicht! Sie hat mich bisher nicht gefragt. Zusammen waren wir in Wien vor der Romy-Verleihung. Wir besuchten den Zoo in Schönbrunn und waren ein Herz und eine Seele. Ihre Eltern haben mit ihr darüber gesprochen und versucht, Krieg in einfachen Worten zu erklären.
 
Hat Ihre Enkelin Angst um Sie?
Angst ist vielleicht auch vom Verständnis her das falsche Wort. Die lange Trennung schmerzt – und zwar uns beide.
 

 
Helm oder Hut? Was spricht gegen den Schutzhelm?
Hut, wenn es windig ist, Helm und Splitterschutzweste dann, wenn es wirklich gefährlich ist oder sein kann.
 
Sie gelten als Rechter. Wo sehen Sie sich politisch?
Was ist ein Rechter? In den ORF geholt hat mich Gerd Bacher, der von sich sagte, er sei ein heimatloser Rechter! Offensichtlich ist der Hang zur Schubladisierung unter Journalisten und Journalistinnen weiterhin sehr ausgeprägt. Mein Motto: Freiheit gilt uns als höchster Wert! Staatspolitisch liberal; da hat für mich der Nobelpreisträger Friedrich von Hayek all das formuliert, was es an negativen Entwicklungen in demokratischen Gesellschaften zu kritisieren gibt. Gesellschaftspolitisch: wertkonservativ; die Familie ist die Keimzelle des Staates, und zwar unabhängig davon, wie Familie heute definiert wird. Im Mittelpunkt hat die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu stehen, nach dem Motto Freiheit in Verantwortung. Chancengleichheit heißt nicht Nivellierung nach unten, sondern so weit wie möglich dieselben Chancen für den Aufstieg nach oben – jenseits von Herkunft und Parteibuch.

 



 
Sie wollen neutral berichten – auch über Butscha. Wie kann das gelingen, wenn Angreifer und Opfer so klar sind?
So schlimm Bilder und Verbrechen sein mögen – das Wort „mutmaßlich“ darf im Wortschatz des Journalisten nicht fehlen! Außerdem gilt es auch in diesem Fall das Augenmaß zu bewahren. Wenn ukrainische Politiker von den schlimmsten Verbrechen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges sprechen, dann ist das zu korrigieren – denn in Srebrenica haben Serben binnen einer Woche etwa 8.000 Bosniaken ermordet. Trotzdem war es die journalistische Pflicht, bis zur Verurteilung von den mutmaßlichen Kriegsverbrechern Radovan Karadžić und Ratko Mladić zu sprechen. Auch für Butscha gilt: Journalisten haben die Angaben, die eine Seite macht, zu überprüfen!
 
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