Please wait...
News / Kolumnistisches Gipfeltreffen auf 2.502 Metern
3. Kolumination auf dem Säntis (Foto: Carmen Wüest)
22.12.2022   Leute
Kolumnistisches Gipfeltreffen auf 2.502 Metern
Das 3. Festival der Wortkunst fand auf dem Säntis statt. Doris Knecht erhielt den „Preis der Kolumination“ für ihr Lebenswerk.
Säntis – Die Kolumne ist einer der beliebtesten Bestandteile von Zeitungen und Magazinen. Ihre Bedeutung für Meinungsbildung und eine freie Gesellschaft zu würdigen, das ist das Ziel der „Kolumination“, zu der sich bereits zum dritten Mal auf dem Säntis Kolumnisten und Slammer aus der Schweiz, Österreich und Deutschland getroffen haben, heuer zum Motto „Zufall“.
 
Zufall und Corona führten auch beim Programm Regie, humorvolle, aber auch nachdenkliche Kolumnen waren zu hören. Von Rainer Hank (FAZ) mit einer Hommage an seinen Nachbarn Robert Gernhardt (Neue Frankfurter Schule, „Titanic“), über Tillman Prüfer („Die Zeit“) mit Fragen seiner ihn „Bro“ nennenden Tochter, bis zu Gourmet-Kolumnist Christian Seiler übers Zwiebel schneiden. Die Ausführungen zur „Übergewinnsteuer“ von Wirtschaftskolumnist Gerhard Schwarz führten zu der für ihn richtigeren Bezeichnung „Zufallsgewinn“. Weiter ging es mit der aus der Quarantäne zugeschalteten Ursula Weidenfeld über Krieg, Kritik, Transformation, Unternehmen und Angela Merkel als Politiker-Parodistin. Der Schweizer Peter Ruch („Weltwoche“) sinnierte über Gott und die Welt und regte mit Worten wie „unverbittert“ zum Nachdenken an. Für Rainer Nikowitz sprang Doris Knecht ein, unter anderem über die Ländle-Mentalität rund ums Rasenmähen. Stark war auch Poetry-Slam vertreten. Elena Sarto aus Wien, Ralph Weibel aus St. Gallen und Alex Simm aus Süddeutschland erledigten schlagfertig ihren Auftrag einer Über-Nacht-Dichtung.
 
Beim „Preis der Kolumination“ wählt die Jury einen Kolumnisten und das entsprechende Lebenswerk. 2019 Wirtschaftskolumnist Beat Kappeler, 2021 Axel Hacke mit seiner Kolumne, die seit über drei Jahrzehnten in der „Süddeutschen Zeitung“ erscheint. Und heuer wurde die gebürtige Vorarlbergerin Doris Knecht ausgewählt. Seit 2000 schreibt sie ihre Kolumnen, bisher stolze 3.600, im Tagesanzeiger, im „Kurier“, im „Standard“ und vor allem in den „Vorarlberger Nachrichten“ sowie im „Falter“. Von ihr sind zahlreiche Bücher erschienen, ihr „Gruber geht“ wurde für den deutschen Buchpreis nominiert und verfilmt. Sie schreibt über Alltag, Leben unter Jugendlichen und Kindern, sie gibt Anleitungen für Doppelleben und zeigt Bürger und Spießer. Inspiration holt sie übrigens aus der Deadline … Als Laudator hat Axel Hacke ihre Texte Stück für Stück durchgelesen und sich dabei an das „Knechtlesen“ gewöhnt. Er sieht, dass es ihr ums Lächeln geht, vor allem aber ums Anstupsen von Gedanken in anderen Köpfen.
 
Karlheinz Kindler