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Julian Hessenthaler
20.07.2023   Vermischtes
Julian Hessenthaler: „Ich bin nicht mediengeil“
Der Privatdetektiv sagt, er sei an die Öffentlichkeit gezerrt worden. Jetzt nutze er sie, um auf „absurde Vorgänge“ in der Causa Ibiza hinzuweisen.
Wien – Er ist der Mann hinter dem Ibiza-Video, Privatdetektiv Julian Hessenthaler. Im Interview spricht er über die Medienlandschaft Österreichs und beklagt, dass den meisten Medien, wie er im „Journalist:in“-Interview mit Köksal Baltacis sagt, „Labels“ anhaften, die kritische Veröffentlichungen abschwächen würden. Dass er bewusst die Öffentlichkeit suche, weist er zurück. Vielmehr sei er an die Öffentlichkeit gezerrt worden. Jetzt nutze er sie, um auf „absurde Vorgänge“ in seiner Causa hinzuweisen. Den Mund zu halten und zu warten, bis alles vorbei ist, sei nämlich nicht sein Zugang.
 
In der ZIB 2 meinten Sie, dass in Österreich Journalisten zu sehr mit der Politik und dem Establishment verbandelt seien und Sie das Ibiza-Video auch aus diesem Grund Medien in Deutschland angeboten haben, unter anderem dem Satiriker Jan Böhmermann, der es ablehnte. Ein pauschales Urteil, das ich wenig überraschend nicht teile. Klären Sie mich bitte auf. Warum vertrauen Sie mir und meinen Kollegen nicht?
Ich kann gern ein unmittelbares Beispiel nennen. Vor Kurzem ist in einer Zeitung ein Artikel über meine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erschienen. Diese Beschwerde wurde im Zuge unserer Öffentlichkeitsarbeit an Journalisten weitergereicht. Zwei Tage später taucht sie bei der EU-Infothek auf. Wir haben sie ihr sicher nicht übermittelt. Ich will jetzt auch keiner konkreten Person unterstellen, dass sie sie weitergegeben hat, aber der zeitliche Ablauf ist schon auffällig. Ich sage das nicht, weil ich spezifische Kritik an einem Medium oder einem Journalisten üben will, sondern weil diese Vorgehensweise in meinen Augen typisch ist. In Österreich herrscht bei Journalisten so etwas wie eine Tausch- und Basarmentalität. Nach dem Motto: „Ich tue dir was Gutes, du tust mir was Gutes.“ Das mag die tägliche Arbeit vereinfachen, das kenne ich auch aus meiner Branche. Ich finde aber, man muss – wenn man sich selbst mit dem Best-Practice-Level vergleichen will – zumindest Kritik daran aushalten.
 

 
Was, glauben Sie, wäre passiert, wenn Sie dieses Video zum Beispiel Florian Klenk vom „Falter“, Martin Thür vom ORF, Anna Thalhammer vom „Profil“, Fabian Schmid vom „Standard“ oder Manfred Seeh von der „Presse“ angeboten hätten? Inwiefern hätten sie sich anders verhalten als die beiden Kollegen vom „Spiegel“ und  der „Süddeutschen Zeitung“, Bastian Obermayer und Frederik Obermaier?
Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass man in Österreich – wenn man wirklich etwas bewegen will – über das Ausland kommen muss. Wenn in österreichischen Medien etwas veröffentlicht wird, passiert immer das Gleiche: Entweder, es wird von anderen Medien nicht übernommen, warum auch immer, oder diverse PR-Berater der Betroffenen versuchen, die Enthüllungen unter den Teppich zu kehren; oder es wird umgemünzt in: „Das ist eh nur der ,Standard‘, das ist eh nur der ,Falter‘, das ist eh nur der ,Kurier‘, die haben alle eine Agenda.“ In Österreich hat jedes Medium ein Label aufgeklebt, mit dem sich alles wegargumentieren lässt. Nun hat alles einen wahren Kern, ich sage nicht, dass nichts von diesen Labeln stimmt, aber das heißt nicht, dass jede Veröffentlichung wertlos oder falsch oder eine PR-Maßnahme ist. Es gab bekanntlich Überlegungen, das Material Florian Klenk anzutragen. Ich schätze ihn wirklich. Er macht in seinem Stil exzellente Arbeit. Aber ich finde, dass bei politisch-wirtschaftlichen Veröffentlichungen ein anderer Druck produziert werden kann, wenn das vom Ausland aus geschieht. Österreich ist einfach zu sehr bedacht darauf, eine polierte Oberfläche zu liefern, darunter kann es schimmeln und krachen. Hauptsache, nach außen hin glänzt alles. Unabhängig davon: Mit „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“ hatte ich wirklich Glück, das sind echte Schwergewichte.
 
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