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News / Komplexitätsforscher Peter Klimek: „Irgendwann tappe ich in eine Falle“
Peter Klimek
27.07.2023   Vermischtes
Komplexitätsforscher Peter Klimek: „Irgendwann tappe ich in eine Falle“
Warum Wissenschaftler einen großen Bogen um Medien machen.
Wien  –  „In manchen Medien scheint mir das Narrativ zu sein, dass wir Wissenschaftler mit der Politik unter einer Decke stecken, um die Bevölkerung mit Mikrochips in Impfstoffen gefügig zu machen“, sagt Peter Klimek. „Dementsprechend negativ bis beleidigend sind dann auch die Rückmeldungen, die ich erhalte, wenn ich in diesen Sendungen auftrete. Ich schaue dort eben wie ein Vollidiot oder ein Handlanger einer korrupten Elite aus.“ Daher verstehe er Wissenschaftler, die einen großen Bogen um Medien machen, erklärt der Komplexitätsforscher Köksal Baltaci im großen „Journalist:in“- Interview.
 
… Was ich mich während der Pandemie auch immer gefragt habe: Hatten Sie als Wissenschaftler manchmal das Gefühl, als Feigenblatt für politische Entscheidungen missbraucht zu werden? Als jemand, der politisch getroffene Entscheidungen rechtfertigen soll.
Ich denke schon, dass der politische Sinn hinter manchen Beratungsrunden und Beratungsgremien sehr wohl auch darin bestand, dass man dabei vorab austesten konnte, wie viele der öffentlich sichtbaren Expertinnen und Experten sich zu einer Entscheidung äußern würden. Denn sobald diese Entscheidung bekanntgegeben wurde, gab es ja immer eine Runde der üblichen Verdächtigen unter den Wissenschaftlern, die in Zeitungen oder Nachrichtensendungen zum Sinn und Unsinn dieser Entscheidung befragt wurden. Klar kann man als Politiker so ausloten, wie mögliche Schlagzeilen am nächsten Tag aussehen könnten. Ansonsten habe ich versucht, gemeinsame Auftritte oder Pressekonferenzen mit Politikern so weit wie möglich zu vermeiden.
 
Sie sagten in der ZIB 2 sichtlich emotional, dass Österreich Gefahr laufe, hinsichtlich wissenschaftlicher Expertise eine „Bananenrepublik“ zu werden, weil sich Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer abfällig über Virologen geäußert hatte. Er sagte sinngemäß so etwas wie: Geht es nach Virologen, müsste man die Bevölkerung die ganze Zeit einsperren. Sie erkannten darin eine Verunglimpfung von Gesundheitsexperten. Welche Reaktionen bekamen Sie auf diesen Kommentar?
Die Reaktionen waren überwältigend und fast ausschließlich positiv. Direkt nach diesem Interview habe ich binnen 24 Stunden vermutlich so viele Rückmeldungen aus der Öffentlichkeit bekommen wie sonst in der ganzen Pandemie zusammengenommen. Diese Resonanz ist wohl auch ein Ausdruck dessen, dass viele andere das auch so sahen.
 
… In welche Rolle werden Sie von Medien gesteckt?
Zum Beispiel in jene, in der ich die Regierung und ihre Maßnahmen verteidige oder einfach nur dumm ausschaue, nach dem Motto: Seht her, von was für Idioten die Regierung beraten wird. Das beginnt bei der Sitzordnung, den Kameraeinstellungen, wann ich rauf- oder runtergeregelt werde, der Auswahl der anderen Gesprächsteilnehmer und endet bei der Gesprächsführung. Dort sind ja auch mediale Vollprofis am Werk, irgendwann tappe ich dann in eine Falle, so schlau kann ich mich gar nicht verhalten. Dementsprechend negativ bis beleidigend sind dann auch die Rückmeldungen, die ich erhalte. Ich schaue dort eben wie ein Vollidiot oder ein Handlanger einer korrupten Elite aus. Wenn man dann noch miteinbezieht, dass man solche Interviews ja häufig in der Freizeit gibt und dafür auf Abende mit der Familie verzichtet, braucht man sich nicht zu wundern, warum immer mehr Expertinnen und Experten einen immer größeren Bogen um solche Medien gemacht haben. Das hat nichts mit Verschwörung zu tun, das muss man allein zum Selbstschutz machen.
 
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