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News / Eike-Clemens Kullmann: „Extrem schweres Foul an der Sozialpartnerschaft“
Eike-Clemens Kullmann (Foto: Archiv)
29.09.2023   News
Eike-Clemens Kullmann: „Extrem schweres Foul an der Sozialpartnerschaft“
Nach der Kündigung des Kollektivvertrags durch den VÖZ spricht der Gewerkschafter von Kampfmaßnahmen. Wie diese aussehen könnten.
Wien/Linz – „Das Vertrauen in den Partner VÖZ ist nun schwer gestört.“ Und: „Die Vertreter des VÖZ sollen die Kündigung zurückziehen und dann in Verhandlungen eintreten.“ So kommentiert der Vorsitzende der Journalist:innengewerkschaft in der GPA, Eike-Clemens Kullmann, im Interview mit Theresa Steininger die Tatsache, dass der Verband Österreichischer Zeitungen verlautbart hat, den Kollektivvertrag mit Jahresende zu kündigen. Kullmann nennt Gespräche mit Betriebsräten als nächsten Schritt – und Kampfmaßnahmen, auch ein Streik sei nicht ausgeschlossen.
 
Wie genau hat die GPA von der Kündigung des KV durch den VÖZ erfahren?
Eike-Clemens Kullmann: Wir haben vorerst nur informell davon erfahren. Es hat weder ein Gespräch noch eine Verhandlung gegeben. Dies zeugt letztendlich von der Unprofessionalität, die der VÖZ hier an den Tag legt. Wenn die VÖZ-Vertreter doch wissen, dass es den Unternehmen so schlecht geht, wie es jetzt heißt, hätten sie ja schon Monate vorher mit uns reden können. Wenn die Lage so ist, dass man beim Kollektivvertrag etwas tun muss, wissen sie das doch nicht erst seit gestern. Wir sehen das als ein extrem schweres Foul an der Sozialpartnerschaft, als Affront dem Verhandlungs-Vis à Vis gegenüber. Natürlich kommt es nicht aus heiterem Himmel, wir haben einzelne gehört, die unzufrieden waren, als die letzten Gehaltserhöhungen beschlossen wurden, aber es wurde nie offiziell über den Verband geäußert. Wir verstehen nicht, warum nie jemand zum Telefon gegriffen und mit uns geredet hat.
 
Der VÖZ sprach von der Möglichkeit, die Frist bis Ende Juni 2024 zu verlängern. Wie stehen Sie dazu?
Das ist kein Angebot, sondern eine Frechheit, finde ich. Wenn man diese Frist eh noch verlängern kann, muss man sagen: Wir haben ja bis Jahresende noch drei Monate. Man sollte sehen, was sich bis dahin ausgeht an konstruktiven Gesprächen. Außerdem hätte man ja auch schon sechs Monate vorher sprechen können. Die Gewerkschaft hat sich noch nie Verhandlungen verschlossen. Aber nun werden wir ohne Frage einmal unseren Unmut kundtun und am Montag bei einer Betriebsrätekonferenz besprechen, wie der weitere Fahrplan aussieht. Das kann bis hin zu Kampfmaßnahmen gehen. Unsere Forderung ist klar: Die Vertreter des VÖZ sollen die Kündigung zurückziehen und dann in Verhandlungen eintreten.
 
Welche unmittelbaren Auswirkungen für Journalisten und Journalistinnen sehen Sie?
Der KV, der nun gekündigt werden soll, hat sowieso Nachwirkungen. Das heißt, er gilt für alle jetzt fix  Angestellten vollinhaltlich weiter. Es ist also die Frage, ob die Unternehmensvertreter sich etwas ersparen, wenn die Frist nun Jänner statt Juni wäre. Denn derzeit gibt es ja in der Branche sowieso kaum Neueinstellungen. Das, was sich ändern kann, ist: Wenn wir bis Juni keinen Abschluss haben, kann es keine neuen Tarifverhandlungen geben. Gehaltserhöhungen sind daher nicht mehr automatisch für die ganze Branche wirkend. Aber auch, wenn nur neue Angestellte bei Aussetzen des KV keinem solchen mehr unterliegen, gibt es massive Verunsicherung bei Teilen der Kollegenschaft. Hier geht es um Angst, dass Druck auf einzelne Angestellte ausgeübt werden könnte, wenn kein KV mehr existierte. Und einzelvertraglich könnte es natürlich Verschlechterungen zu den derzeitigen Bestimmungen des KV geben. 
 
Welche Kampfmaßnahmen kann es geben?
Es gab ja schon 2012 eine Kündigung des KV, damals ging es bis hin zu Demonstrationen. Die oberste Möglichkeit ist Streik, ich will den auch nicht ausschließen, auch wenn ich ihn nicht als ausgemacht hinstellen will. Wir werden mit den Betriebsräten sprechen und schauen, wie die Kolleginnen und Kollegen das sehen. Die Rückmeldungen, die wir bisher bekamen, zeigen besonders eines: Die Kolleginnen und Kollegen sind erbost, wie unfair hier vorgegangen wurde. Das hat mit respektvollem Umgang mit dem Sozialpartner überhaupt nichts mehr zu tun. Wenn man etwas ausverhandeln will, geht es um Respekt. Doch das Vertrauen in den Partner VÖZ ist nun schwer gestört.


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