Die „Krone“ und die KI-Generation
Warum sich Christoph Dichand und Geschäftsführer Gerhard Valeskini für die größten Ignoranten ihrer Zeitung viel Zeit genommen haben.
Was sich da vom 11. bis 13. Dezember in Wien zugetragen hat, war mutig, vielleicht auch ein wenig verrückt, in jedem Fall aber zukunftsweisend: Die „Kronen Zeitung“ hatte erstmals jene eingeladen, die sie garantiert nicht lesen: Junge, viele davon noch Schülerinnen und Schüler von den umliegenden Schulen. Die Aufgabe, die Christoph Dichand und Geschäftsführer Gerhard Valeskini insgesamt sechs Teams gestellt hatten: Überlegt euch, wie die „Kronen Zeitung“ sein müsste, damit ihr sie lesen würdet. Drei Tage dauerte der dafür veranstaltete „The Crown Hackathon“. Die Teams mit so fantasievollen Namen wie Fabulous Feed, Press Pioneers oder Digital Dynamite, präsentierten dann auch zum Teil fabulierend, einige aber auch erstaunlich präzise. Ernüchternd: Kein Team hatte die gedruckte Zeitung im Blick. Als sei sie in ihren Köpfen gar nicht mehr existent.
Dafür stürzten sich alle auf digitale Konzepte, jedes durch KI unterstützt, als wäre es das Normalste auf der Welt. Wie Kindergeburtstag. Nach drei vollen Tagen recherchieren, konzipieren, testen dann die Stunde der Wahrheit, der Präsentationsabend. Christoph Dichand hatte sich viel Zeit dafür genommen. Er hörte den jungen Leuten aufmerksam zu, fragte interessiert nach, ebenso Gerhard Valeskini. Die beiden hatten neben 6.000 Euro Preisgeld für die besten Ideen auch ein großes Stück Gelassenheit mitgebracht. Denn die Vorschläge der Jungen forderten sie vermutlich beim Realitätscheck: Auf ein reines Anzeigenmodell zu wechseln ohne Aboeinnahmen, wie ein Team vorschlug? Oder auf die gedruckte Zeitung ganz zu verzichten, wie sich alle einig waren? Heute wohl noch schwer vorstellbar, wenngleich bei den aktuellen Kosten für Papier und Vertrieb wohl einige Sorgen vom Tisch wären.
„Bei allen Teams war etwas Spannendes dabei“, sagte Christoph Dichand anerkennend bei der Übergabe der Schecks an die Hauptgewinner. Mit den drei Siegerteams will die „Kronen Zeitung“ nun weiterarbeiten. Einen Monat will man dafür investieren und den jungen Leuten dabei professionelle Begleitung zur Seite stellen.
Zu den bisherigen Ergebnissen darf zumindest soviel verraten werden: Der Hackathon hat sich für die „Kronen Zeitung“ gelohnt. Mehr kann dazu noch nicht gesagt werden, denn der Jury wurde strenges Stillschweigen abverlangt. „Wir möchten nicht, dass jemand vor uns die hier erarbeiteten Ideen umsetzt“, erklärte Valeskini.
Vielleicht wird es diesen Hackathon künftig regelmäßig geben. Unabhängig von möglicherweise völlig neuartigen Blattkonzepten hat die „Kronen Zeitung“ bereits eines erreicht: Sie hat junge Menschen dazu gebracht, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Nicht auszudenken, was noch möglich wäre, wenn das Projekt künftig bundesweit und regelmäßig ausgerollt würde.
J.O.