Länderübergreifende Recherchen können ganz neue Geschichten ermöglichen. Doch der kollaborative Ansatz bringt auch Herausforderungen mit sich. Neun Dinge, die man vor der ersten Cross-Border-Recherche wissen sollte.
Salzburg – „Fallschirm-Journalismus“ ist veraltet: Reporter reisen in Krisen, verstehen aber oft nicht Landessprachen oder Kontext. „Cross-Border-Journalismus“ ist der bessere Ansatz. Internationale Teams nutzen verschiedene Expertise, Sprachen und Perspektiven für präzise Berichterstattung über nationale Grenzen hinweg. Kooperationen wachsen, fördern Verständnis globaler Zusammenhänge und erreichen breitere Zielgruppen. Antonia Groß berichtet in der
„Journalist:in“ von ihrer Erfahrung in einem internationalen Team, betont die Bedeutung von Förderprogrammen und Schulungen für erfolgreiche grenzüberschreitende Recherche und nennt neun Punkte, wie Sie das erfolgreich nachmachen können:
1. Alles ist mehr ArbeitGemeinsam recherchieren heißt: mehr Informationen, mehr Zusammenhänge, mehr Relevanz zu generieren – aber auch, mehr Aufgaben auf der eigenen To-do- Liste zu haben. Das beginnt bei der Bewerbung für die Projektfinanzierung – ja, da müssen alle Lebensläufe rein – und geht bis hin zu dem Punkt, wo die fertigen Artikel durch Übersetzungsprogramme gejagt werden sollten, damit die anderen Teammitglieder sie jeweils in ihrer Landessprache redigieren können. Zudem nimmt der kommunikative Aufwand zu – schließlich ist entscheidend, dass sich alle gegenseitig auf dem Laufenden halten: über neue Hinweise, Fragen zu Recherchewegen, und über persönliche Verzweiflungsmomente. Auch emotionales Aufpäppeln ist Arbeit.
2. Grundsatzdiskussionen früh führenWas ist der Arbeitstitel, was die These? Wo sehen wir den länderübergreifenden Zusammenhang? Wann veröffentlichen wir, und wo? Veröffentlichen alle gleichzeitig? Wer kann wie viel Arbeitszeit dafür hergeben? Wer bekommt wie viel Geld? Was passiert mit zusätzlichen Honoraren? Über welchen Messenger schreiben wir? Wer muss welche Vorsichtsmaßnahmen treffen? Was passiert mit dem Material nach der Veröffentlichung? Schreibt euren Diskussionsstand mit und überprüft regelmäßig, ob er noch zutrifft. Das klingt furchtbar penibel. Aber ohne ein Gespräch über solche Fragen zu Beginn ist die Gefahr, dass die Recherche in den Babyschuhen festwächst, sehr, sehr hoch.
3. Koordinationsarbeit wertschätzenNiemand aus dem Team sollte die administrativen und organisatorischen Aufgaben freiwillig oder nebenbei machen. Benennt Zuständigkeiten und wertschätzt die Arbeitszeit, die für Koordinierung draufgeht, berechnet dafür Honorare. Es ist einfach so: Mehrere Menschen in möglicherweise verschiedenen Zeitzonen mit unterschiedlichen Kapazitäten und Beschäftigungsverhältnissen zu einem regelmäßigen Treffen zusammenzubringen und dafür zu sorgen, dass alle rechtzeitig ihren vereinbarten Beitrag mitbringen – das ist ein zentraler Teil der Arbeit.
4. Stressfreie Strukturen schaffen
5. Die Recherche funktioniert nur, wenn das Team funktioniert
6. Journalistische Kulturen sind verschieden
7. Groß denken
8. Klein denken
9. Kontrolle abgeben
Zu den Punkten