Please wait...
News / Müssen es jetzt die Frauen richten?
(Illu: Angel Boligan)
01.03.2024   Vermischtes
Müssen es jetzt die Frauen richten?
Warum die Medienbranche mehr Frauen in Führungspositionen braucht und warum mehr von ihnen zum Heurigen gehen sollten.
Salzburg/Wien – Noch nie gab es so viele Frauen in den Chefredaktionen. Was werden sie anders machen?, fragt „Journalist:in“-Herausgeber Georg Taitl im Editorial der neu erschienenen „Journalist:in".
 
Es war vor 23 Jahren. Ich kam als kleiner ehemaliger Kirchenzeitungsschreiber und frischgebackener „Journalist“-Redakteur zum VÖZ-Heurigen – dem wichtigsten Treffen der großen weiten Welt der Zeitungsmacher. Mir war das Bild durchaus vertraut: hier wie da nur Männer – dort mit ein paar eingesprengten Pastoralassistentinnen, da ein paar stellvertretende Ressortleiterinnen. 2007 – sechs Jahre später – kam dann mit Alexandra Föderl-Schmid die erste Frau als Chefredakteurin einer Tageszeitung zum VÖZ-Heurigen. Oscar Bronner war wieder einmal Vorreiter und hatte sie zur „Standard“-Chefredakteurin berufen. Im Laufe des Abends, viele Spritzer waren bereits über die Budel gegangen, dachte dann ein österreichischer Verleger laut nach, warum Föderl-Schmid den Posten erhalten habe. Eine sexistische Erniedrigung folgte, die ich hier nicht wiederholen möchte. Föderl-Schmid musste schon damals viel aushalten. Eine Schande für unsere Branche.
 
So etwas wäre heute ohne die nötigen Konsequenzen nicht mehr möglich. Die Branche hat sich seit damals stark gewandelt. Von Corinna Milborn über Martina Salomon (bald „Kurier“-Herausgeberin, in dessen Redaktion gerade der größte Personalabbau der jüngeren Geschichte beginnt), Kathrin Gulnerits, Susanne Dickstein, Anna Thalhammer bis Maria Scholl – viele Frauen führen nun wichtige Redaktionen. „Alles gut. Oder doch nicht?“, fragt Antje Plaikner in der Titelgeschichte. So werden gerade wieder viele Männer Chefredakteure, obwohl es in den Redaktionen passende Frauen gegeben hätte. Und in den einflussreichen Positionen sind Frauen weiterhin stark unterrepräsentiert. Gerade in entscheidenden Ressorts wie Innenpolitik und Wirtschaft. Laut dem jüngsten „Journalismus-Report“ besetzen Männer weiterhin zwei Drittel der Spitzenpositionen. Durchschnittlich verdienen Frauen in Führungspositionen um 450 Euro weniger als Männer. Die Geschäftsführungen der wichtigsten Medienhäuser sind – mit Ausnahme von Silvia Lieb und Claudia Gradwohl – noch immer rein männlich. Nicht zu unterschätzen ist auch der Druck auf Chefinnen: „Denn Frauen lassen Kritik näher an sich ran. An Männern prallt die Kritik eher ab“, sagt „News“-Chefredakteurin Gulnerits. Frauen wirken nach innen, nicht nach außen. Man sieht sie seltener bei Gelegenheiten wie dem VÖZ-Heurigen. Vielleicht ein Fehler.
 
Danke an Elisabeth Horvath
Immer schon dabei bei den VÖZ-Heurigen war Elisabeth Horvath. Nicht als eine der Mächtigen. Nicht zum Trinken. Nicht zum Vergnügen. Ganz bescheiden ging sie von Gruppe zu Gruppe. Hörte zu. Manchmal stellte sie eine Frage. Immer mit einem kleinen Spiralblock in der Hand, der damals schon nicht mehr in Schreibwarengeschäften verkauft wurde, und machte sich mit einem Bleistift Notizen. Die Vollblutjournalistin und eine der ersten Frauen an wichtigen Stellen im Journalismus war immer am Arbeiten. Trotzdem ist sie nie ganz nach oben – in eine Top-Führungsposition – gekommen. In Gesprächen mit mir, als sie dann für den „Journalisten“ schrieb und ich sie bereits als „Eli“ kannte, hat sie dies immer mit einem kleinen Schulterzucken kommentiert. Aufgegeben hat sie trotzdem nicht. Sie kämpfte, wenn auch nicht laut, gegen die gläserne Decke. Setzte sich für junge Kolleginnen ein. War eine Wegbereiterin. Im Jänner ist sie nun nach längerer Krankheit gestorben. Die Concordia, deren langjährige Vizepräsidentin sie war, rief ihr unter anderem nach: „Elisabeth Horvath war nicht nur eine herausragende Journalistin, sondern auch eine engagierte Verfechterin der Pressefreiheit und des unabhängigen Journalismus“ und „ihre zahlreichen Beiträge über die österreichische Medienbranche, vor allem für ,Die Journalist:in‘, waren ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Medienjournalismus“. Danke, Eli!
 
Die wichtigsten News der Branche. Die aktuellsten Jobangebote. Jetzt Newsletter abonnieren.