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News / Richard Grasl: „Im Augenblick braucht keiner zu zittern“
Richard Grasl (Foto: Alexandra Unger)
06.05.2024   Vermischtes
Richard Grasl: „Im Augenblick braucht keiner zu zittern“
Wie es im „Kurier“ weitergeht und warum er „Profil“-Chefredakteurin Anna Thalhammer nicht mehr hergibt, sagt der Geschäftsführer im „Journalist:in“-Interview.
Wien – Richard Grasl erklärt im „Journalist:in“-Interview mit Köksal Baltaci „was gut ist am ,Kurier‘, warum man den ,Kurier‘ kaufen und lesen sollte, in Print wie auch digital, und warum ihn Werbekunden buchen sollten.“ Und natürlich wie es in den Redaktionen weitergehen soll.
 
Seit Jahresbeginn sind Sie Geschäftsführer beim „Kurier“. Wie steht es derzeit wirtschaftlich um die Zeitung?
Richard Grasl: Wir sind wie alle Zeitungen in Österreich den bekannten Disruptionen unterworfen, sowohl auf dem Lesermarkt als auch auf dem Werbemarkt. Hinzu kommen die hohen Kostensteigerungen – von Gehaltserhöhungen über die hohe Inflation bis hin zu Papierpreissteigerungen, bei denen sich das Preisniveau noch immer nicht dort eingependelt hat, wo es vor dem Ukraine-Krieg war. Auch wir haben also große Herausforderungen zu stemmen. Mit dem jüngsten Restrukturierungsprogramm im gesamten Haus, nicht nur in der Redaktion, haben wir uns kostenseitig neu aufgestellt. Wir sind jetzt fit für die Herausforderungen, die auf uns zukommen. Es weht ein frischer Wind, wir hinterfragen vieles, was in den vergangenen Jahren oder vielleicht sogar Jahrzehnten üblich geworden ist, wovon man sich aber auch trennen kann. Wir tun alles dafür, um zu erklären, was gut ist am „Kurier“ und warum man den „Kurier“ kaufen und lesen sollte, in Print wie auch digital, und warum ihn Werbekunden buchen sollten. Und wir richten die gesamte Organisation auf digital aus.
 
… was die zuvor erwähnten Kündigungen angeht: Erklären Sie mir bitte, wie ein solcher Braindrain – mit auf einen Schlag 40 Mitarbeitern weniger in der Redaktion – ohne Qualitätsverlust vonstattengehen soll?
Erstens sind wir selbst nach diesen Kündigungen immer noch eine der größten Redaktionen des Landes, größer als viele andere Medien. Zweitens habe ich schon beschrieben, dass wir nicht einfach nur Kündigungen ausgesprochen, sondern die Prozesse und Schwerpunkte, die wir setzen, strategisch hinterfragt haben. Und darum glaube ich, dass es bei uns ohne sichtbaren Qualitätsverlust vonstattengehen wird. Ich sage trotzdem: Jeder Mitarbeiter, der uns verlassen muss, wird uns fehlen. Aber als ich hierhergekommen bin, wusste ich, dass ein Kostensenkungsprogramm notwendig ist. Wir hatten zwei Möglichkeiten: Entweder wir machen das jetzt peu à peu über die nächsten Monate – mit Nichtnachbesetzungen. Oder wir sagen, wir machen ein einmaliges Programm, das wir dann sehr rasch und straff durchgezogen haben. Wir haben ja keine einzige Kündigung ausgesprochen, alle Trennungen waren einvernehmlich. Ich habe das mit Martina Salomon als Chefredakteurin und Martin Gebhart als neuen Chefredakteur sehr intensiv diskutiert. Wir waren alle der Meinung, dass es besser ist, so einen klaren Schnitt zu machen. Jetzt wissen aber die Kolleginnen und Kollegen, dass sie jenes Team sind, mit dem wir den „Kurier“ die nächsten Jahre erfolgreich bestreiten wollen. Es braucht jetzt im Augenblick keiner zu zittern, dass er bald gekündigt wird oder dass es keine Nachbesetzungen mehr geben wird. Mit diesem Team kommen wir in den nächsten Jahren durch. Und jetzt blicken wir nur mehr nach vorne und schauen, wie wir das beste Programm machen. Wir haben immer noch um die 150 Redakteurinnen und Redakteure.
 
… warum wurde eigentlich die Romy-Gala auf den Herbst verschoben?
Also erstens haben wir sie nicht auf den Herbst verschoben, heuer wird es gar keine Gala geben und zum 70-Jahre-„ Kurier“-Fest im Herbst eine besondere Platin-Romy für das Lebenswerk. Und zweitens habe ich es für das falsche Signal gehalten, eine Veranstaltung mit Champagner trinkenden Gästen im Smoking zu organisieren, die einen sechsstelligen Betrag kostet, und mich gleichzeitig von 40 Mitarbeitern zu trennen. Aus heutiger Sicht soll es aber 2025 wieder eine Gala geben. Wir überlegen gerade mit dem ORF, wie wir die Veranstaltung modernisieren und verbessern können.  Grundsätzlich muss man sich bei Marketingausgaben immer wieder aufs Neue fragen, ob sie sich auszahlen.
 
… Sie sind ja auch Geschäftsführer beim „Profil“. Wie steht es eigentlich um diese Marke?
Das „Profil“ war 2022 in einem sehr schwierigen Jahr, 2023 war es finanziell wieder im Aufwind. Wir haben die Anzeigenerlöse im letzten Jahr deutlich steigern können. Zugegebenermaßen waren sie aber vorher schon nicht sehr hoch. Aus meiner Sicht sollte das „Profil“ heuer in die schwarzen Zahlen kommen. Wir haben dort die Anzeigenabteilung neu besetzt. Zudem ist mit Anna Thalhammer eine Chefredakteurin am Werk, die das „Profil“ wieder relevanter gemacht hat, als es früher war. Ich glaube, es wird interessierter gelesen und häufiger zitiert als früher. Anna haut sich rund um die Uhr hinein, und das Team zieht mit … wir geben sie auch nicht mehr her. Ich bin mit der Entwicklung des „Profils“ jedenfalls sehr zufrieden.
 
Zum ganzen Interview und zum „Kurier“-Schwerpunkt