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Gerhard Lustig: „Ich bin dafür, dass jemand was macht.“ Foto: Hetzmannseder
15.05.2024   Leute
Was machen Sie da, Herr Lustig?
Warum der langjährige Chefredakteur und Herausgeber im AW Verlag das Volksbegehren "Pro Auto" gestartet hat.
Normalerweise berichten Journalisten über Volksbegehren. Sie haben eines zum Thema Auto initiiert. Warum?
Weil ich aus meiner journalistischen Arbeit und meinem intensiven Austausch in der Branche weiß, dass die Steuern und Abgaben in Österreich viel zu hoch sind: mit fast  2.700 Euro pro Auto und Jahr liegen wir auf dem 2. Platz der teuersten EU-Länder. Und als dann die Idee aufkam, ein Volksbegehren für eine Senkung dieser Kosten zu initiieren, hab ich mich auf Wunsch einiger Branchenfreunde dazu bereit erklärt, das zu übernehmen. Wer mich kennt, weiß, dass ich keiner Partei nahestehe, aber ein durch und durch politischer Mensch bin, der auch gerne in den Diskurs geht. Und jetzt geht es darum, schon vorab möglichst viele Unterstützungserklärungen zu sammeln, damit wir in der Eintragungswoche im Herbst die Hürde der 100.000 Unterschriften schaffen. Also bitte unterschreiben – online oder im Gemeindeamt!
 
Was läuft falsch in Österreich?
Ich möchte niemandem zu nahe treten, habe aber sehr oft das Gefühl, es haben zwar viele den Wunsch nach Initiativen und Veränderungen, doch nur wenige, die selbst aktiv werden. Viele leben irgendwo zwischen „Der Staat wird’s schon richten“ und „Ich bin dafür, dass jemand was macht“, der Schritt zur Eigeninitiative ist den meisten zu beschwerlich. Ob wir in Österreich besonders passiv sind, weiß ich gar nicht, ich fürchte aber, dass zu oft nur jene laut werden, die für sehr extreme Positionen stehen. Die Mitte mit vernünftigen Ansätzen und moderaten Forderungen bleibt als die viel zitierte, schweigende Mehrheit unberücksichtigt. Mir fehlt auch die inhaltliche Auseinandersetzung, vielfach wird nur noch in Überschriften und Parolen kommuniziert, der Schritt in die Tiefe des Fließtextest – um es journalistisch zu sagen – ist vielen zu mühsam.
 
Was erwarten Sie jetzt von Ihren Medienkollegen?
Generell wünsche ich mir FÜR meine Kolleginnen und Kollegen, dass sie wieder mehr Zeit und Raum erhalten, um in die Recherche zu gehen und sich in Themen zu vertiefen. Und dass sie aus dieser Haltung heraus auch Themen aufgreifen, die möglicherweise gerade nicht zur Titelseite, zum Aufreger der Woche oder zur Zitierung in anderen Publikationen taugen, die aber für viele relevant sind. Wenn du heute das Auto ansprichst, gehen die Menschen – und auch Medienleute – sehr oft gleich in eine Abwehrhaltung. Sie tun das, weil sie es für populär halten, in Wahrheit ist es populistisch und weltfremd. Wenn du dann nämlich persönlich fragst, ob es Autos braucht, wissen viele von Pendler:innen, die weit anreisen, von Familien mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen oder Menschen mit Behinderungen in Form eingeschränkter Mobilität – kurzum von vielen Bevölkerungsgruppen, für dies ohne Auto einfach nicht geht. Und sie bekennen vielfach, dass sie das Auto auch selbst brauchen und nicht darauf verzichten können oder wollen. Es wäre wichtig, dass mehr aus dieser Lebensrealität berichtet wird. Vielleicht klappt’s dann auch wieder mit mehr Leserschaft, mehr Auflage, mehr Inseraten. Ich würde es mir wünschen – für die Branche, für die Menschen im Land und natürlich auch für unser Autovolksbegehren. 
 
Zur Person:
Gerhard Lustig, Jahrgang 1952, 35 Jahre Chefredakteur und Herausgeber des Fachmediums "AUTO & Wirtschaft" in der Medienwelt von Helmuth H. Lederer, Gründer des Fahrzeugbewertungsunternehmens Eurotax. Inzwischen pensioniert, steht er als Branchenexperte für das Autovolksbegehren "Pro Auto" ein.
 
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