Wie ihm Pirker den Umbau der VGN erklärte und dabei ungewöhnlich an den Leib rückte, schreibt der „Journalist:in“-Herausgeber Georg Taitl in seinem aktuellen Editorial.
Salzburg – Herausgeber Georg Taitl schreibt im
„Journalist:in“-Editorial wie er und VGN-Chef Horst Pirker sich im Titelinterview sehr nahe gekommen sind:
Um Interviews effizienter zu transkribieren, kombiniere ich seit Kurzem verschiedene KITools und gelange dabei zu recht brauchbaren Ergebnissen. Der Trick ist, nicht alles in den KI-Topf zu werfen, sondern nur überschaubare Portionen. In der zurückliegenden Ausgabe habe ich stolz über meine „Erfindung“ berichtet. Sie erinnern sich sicher noch. Nach meinem jüngsten Gespräch mit Horst Pirker, bei dem ich diese Technik ebenso angewendet habe, bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich meine Empfehlung aufrechterhalten soll.
Im KI-Transkript nennt mich der VGN-Chef immer wieder „Schatzi“. Also sooooo gut kenne ich Horst, sorry: Herrn Pirker dann doch nicht. Obwohl: Seit mehr als 20 Jahren haben wir inzwischen beruflich miteinander zu tun. Mein erstes großes Interview führte ich mit ihm als Gesch.ftsführer der Styria. Ich vergesse den Termin in Graz auch deshalb nicht mehr, weil mir fast der Kopf zerplatzte, als er von einem Flugzeugträger mit startenden und landenden Flugzeugen erzählte und dabei mit seinen Händen durch die Luft fuhr. Nein, mit Fluglärm hatte mein Kopfweh nichts zu tun, wenngleich ich dankbar bin, dass Pirker Flugzeugträger und Flieger in späteren Gesprächen nicht mehr verwendete.
2003 zeichneten wir ihn dann als „Medienmanager des Jahres“ aus. Er war der Erste in einer langen Reihe von außergewöhnlichen Verlegerpersönlichkeiten, denen wir auf diese Weise Wertschätzung entgegenbrachten. 2010 stand er dann – noch immer bei der Styria – erneut an der Spitze dieser Liste. Das Grazer Medienamt hatte er zu einem internationalen Konzern geformt. Pirker hatte sich erfolgreich auf den Balkan gewagt. Die Sicherung der „Presse“ geht auf sein Konto. Ebenso die Entwicklung der „Kleinen Zeitung“ und die „Furche“ gäbe es wohl ohne ihn nicht mehr. Digital ist er übrigens in dieser Zeit nicht aufgefallen.
Nach einem Abstecher zum Entsorgungsunternehmen Saubermacher und zu Red Bull zog es ihn 2014 zur Verlagsgruppe News, wo er 2016 die Mehrheit von Gruner + Jahr übernommen hat. In einem Management-Buy-out mit Wolfgang Fellner als Minderheitsbeteiligtem im Boot.
„Ich mache die Arbeit nicht, um möglichst viel Geld zu verdienen, sondern weil ich ein leidenschaftlicher Verleger bin“, sagte er im Interview – und das klingt keineswegs kokett. Pirker ist ein echter Vordenker der Branche. Mit einer klaren Botschaft ging er in unser Gespräch, denn „News“ sei nur ein kleiner Teil des Verlags, von dem man aber für die gesamte Gruppe lernen könne. Mit meinen Fragen zur Zukunft von „News“ war er zunächst unglücklich. Es dauerte ihm zu lange.
Ganz anders, als es dann um den Umbau der Verlagsgruppe News und das seiner Meinung nach drängendste Problem der Branche geht. Er gestikuliert raumfüllend, fast so wie damals in Graz, rutscht auf seinem Bürosessel auf und ab. Und greift sich immer wieder an den Kopf: „Das ist einfach so irre.“ Ihm fehle die „Neugierde auf die digitalen Entwicklungen und die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz“ in Österreich im Allgemeinen und in unserer Branche im Speziellen. Beispielsweise wäre es bei den Kollektivvertragsverhandlungen viel sinnvoller gewesen, „mit den Gewerkschaften über den Aufbau von Kompetenzen im Umgang mit den neuen technologisch getriebenen Rahmenbedingungen zu verhandeln und nicht über das eine Quinquennium mehr oder weniger, früher oder später. Solche Maßnahmen würden uns tatsächlich weiterbringen, während die Frage, ob ein paar Euro mehr oder weniger, früher oder später ausgezahlt werden, tief in der alten Welt ist.“
Und so baut er auch konsequent die VGN um: „Wir beginnen, uns von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu trennen, die die Gegenwart und Zukunft für die Verlängerung der Vergangenheit halten und sich nicht für Gegenwart und Zukunft interessieren.“ In den anderen Teil seiner Mitarbeiter investiert er. Die gewohnten Abläufe würden einfach nicht mehr reichen, um zu überleben. Und knüppelhart: „Weil KI demnächst besser sein wird als jeder durchschnittliche Journalist, werden sich außer ein paar Ausnahmekönnern nur jene Journalistinnen und Journalisten halten, die sich KI ,untertan‘ machen.“ Hört sich besonders für ältere Kolleginnen und Kollegen ungemütlich an. Hat aber eine Zukunftsperspektive für nicht öffentlich-rechtliche Medien, die ich – außer bei Sonntagsreden – in den vergangenen Jahren vermisse. Pirker gibt sich noch ein gutes Jahr Zeit, „um die Unternehmensgruppe so aufzustellen, dass sie nachhaltig erfolgreich bleibt“. Vielleicht wird der vielgescholtene Sparmeister dann zum Ende seiner beruflichen Laufbahn ja zum dritten Mal „Medienmanager des Jahres“.
Ach ja – Sie warten auf eine Erklärung: Microsoft Teams hat Pirkers leicht kärntnerisches „Schaun Sie“ nicht verstanden. So wurde ich zum „Schatzi“. Ich nehme das als Ehrentitel. „Schatzi“ sich das
Interview an.