Eine neue Chefredakteurin will den Journalismus vom Thema her denken. Ein Sender bewegt sich führungslos auf Quotenhoch. Die neue „Journalist:in“ blickt nach Salzburg, schreibt Georg Taitl im Editorial.
Salzburg – Was macht guten Journalismus aus – und was gute Führung? Die aktuelle
„Journalist:in“ geht diesen Fragen nach, mit Blick auf zwei Medienhäuser in Salzburg: Die „Salzburger Nachrichten“ starten mit neuer Chefredaktion und mutigem Konzept. ServusTV hingegen steckt mitten in einer Führungskrise, schreibt Herausgeber Georg Taitl im Editorial:
Diesmal steht Salzburg im Mittelpunkt. Zumindest geografisch. Denn was hier in zwei sehr unterschiedlichen Medienhäusern passiert, reicht weit über den Festungsberg hinaus. Zwei Redaktionen, zwei Systeme, zwei Spielarten von Macht und Veränderung.
Beginnen wir mit
Karin Zauner. Sie ist die neue Chefredakteurin der „Salzburger Nachrichten“. Sie will Journalismus radikal vom Thema her denken. Nicht vom Ressort. Nicht vom Format. Story first – so heißt das Projekt. In Deutschland längst Standard. In Österreich noch neu. Themen sollen sich in alle Richtungen entwickeln können, bunt, offen, beweglich. So wie die Redaktion, die sie anführt. Und so wie sie selbst. Denn Zauner war mal Weltklasse. Auf der Tanzfläche. Rock ’n’ Roll, auf Spitzenniveau. Ein Foto, das sie mir zur Verfügung gestellt hat, zeigt sie in der Luft – mitten in einem sogenannten Todessturz. Arme nach oben, Kopf nach unten, ungeschützt, voller Vertrauen in den Partner unter ihr. Sie gab mir das Bild mit einem Augenzwinkern: „Assoziationen zu meinem jetzigen Job verkneife dir bitte.“ Habe ich gemacht. Fast. Denn wer könnte nicht an Journalismus denken, wenn jemand mit solcher Kontrolle ins Ungewisse springt? Wer so tanzt, hat Präzision, Mut, Haltung. Und ein Gefühl für Timing.
So eine Person fragt man dann irgendwann auch nach ihrem Regelpensionsalter. Ihre Antwort kam schnell. Zu schnell, um nicht oft gestellt worden zu sein. Und doch klang sie überzeugend. Zauner denkt nicht ans Aufhören. Sie denkt an den nächsten Sprung.
Ein paar Kilometer weiter, am Rand des Walser Stadions, ist das Springen weniger elegant. Dort geht es ums Tauziehen. Ums Schweigen. Und um einen Sender, der gerade seinen Chefredakteur verloren hat – kommentarlos. ServusTV, einst Spielwiese von Dietrich Mateschitz, ist auf Quotenhoch. Und zugleich in Führungskrise.
Matthias Schrom ging nach 213 Tagen. Warum? Keiner sagt es. Nur vage „Auffassungsunterschiede“. Seither führen andere – kommissarisch, nebeneinander, übereinander.
General Manager
Goetz Hoefer, Intendant
Ferdinand Wegscheider, Medienmanager
Dietmar Otti, Finanzchefin
Marlene Beran – und über allem: Red-Bull-Boss
Oliver Mintzlaff. Jeder hat Einfluss. Keiner allein die Macht. Wer wem vertraut, wer wen verhindern will, bleibt Spekulation. Aber: Die Uhr tickt. Denn Wegscheider wird bald 65. Eigentlich sollte er gehen. Vielleicht bleibt er doch. Vielleicht kommt eine Katze aus dem Sack. Namen kursieren genug – von Michael Fleischhacker bis Elisabeth Totzauer. Sicher ist: Wer hier führt, führt nicht nur ein Programm. Sondern ein Machtgefüge.
Must-Reads in der neuen „Journalist:in“
„30 UNTER 30“: Wer die Sprecherbranche in Zukunft prägen wird.
„KRONEN ZEITUNG“: Vom langen Ringen zur neuen Ära.
PRAXIS: Linkedin für Journalisten