Ex-ORF-Chefredakteur Matthias Schrom galt schon als Nachfolgefavorit für Servus-Intendant Ferdinand Wegscheider, der in Pension gehen soll. Doch der Machtkampf eskalierte zum Abgang. Nun wirkt die Senderzukunft völlig offen.
Wien – Irgendwo zwischen den schicken Studios, Newsrooms und Dosenkühlern in der Oberst-Lepperdinger- Straße 11–15 in Siezenheim oder Am Grünen Prater 3 müssen sie ein Zuchtgehege versteckt haben. Sie, das sind die Vertreter einer Unternehmenskultur, die angeblich Flügel verleiht, aber zum Schweigen verpflichtet. Mizaru, Kikazaru und Iwazaru, jene drei Affen, die frei nach Konfuzius nichts Böses sehen, hören und sagen, haben sich bei Red Bull allgemein und ServusTV besonders zur monoethnischen Belegschaft am Rande von Walser Fußballstadion und Wiener Trabrennbahn entwickelt. Ein radikaler Gegenentwurf zum multiintriganten ORF, wo immer einer heimlich plaudert – vorzugsweise gegen seine Chefs, schreibt Peter Plaikner in der aktuellen
„Journalist:in“.
Genau darum geht es mehr denn je bei ServusTV. Doch sogar die wenigen, die sonst anonym Hinweise geben, bleiben in der Deckung. Niemand will sagen, warum Ex-ORF-Chefredakteur Matthias Schrom sich nach nur 213 Tagen als Gesamtredaktionsleiter ganz ohne leises Servus vertschüsst hat. In einer Betriebsversammlung, dem größtmöglichen internen Rahmen, war nur von Auffassungsunterschieden über die Zukunft des Senders die Rede. Ohne weitere Prääzisierung. Seit 2. Juni gilt eine Hierarchie mit General Manager Goetz Hoefer als Programmchef und Marlene Beran als kaufmännischer Leiterin.
Weichenstellung vom Red-Bull-Chef
Über beiden herrscht aber noch Intendant Ferdinand Wegscheider, der am 2. September 65 wird, dann als Führungskraft in Pension gehen, aber als Berater und Wochenkommentator weiterwerken sollte. So war’s geplant und hat der „Standard“ im Februar eine interne Mitteilung von Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff zitiert: Es sei nun „ausreichend Zeit, einen Nachfolger als Senderchef von ServusTV zu suchen“. Dass es einen solchen mit der Bezeichnung „Intendant“ geben werde, durfte damals schon angezweifelt werden. Unterdessen zeichnete sich bereits ein Machtkampf um die Defacto- Position ab – zwischen Schrom und Hoefer, der Anfang 2023 als Programmdirektor gekommen und vor einem Jahr dann auch General Manager geworden ist. Der Deutsche gilt als Wegscheider-Intimus.
Was oberflächlich so wirkt, als hätte Schrom das Nachfolge-Duell gegen einen Rivalen verloren, war letztlich eher ein Team-Match von zwei gegen einen und dessen K. o. eine Niederlage im Kampf um die inhaltliche Zukunft von ServusTV. Der in Wien lebende Tiroler h.tte wahrscheinlich sukzessive seinen Vorgänger abgebaut – und vor allem dessen Wochenkommentar, das zwiesp.ltige Aushängeschild des Senders. Als einstiger ORFGröße mit Privatradiovergangenheit war Schrom die verheerende Multiplikator- Funktion dieser allw.chentlichen Rechtsaußen- Positionierung bewusst.
– Rivale auf Vorgänger-Schienen
– Verunsicherung nach Rekordjahr
– Info-Erfolg als dritte Sendersäule
Wie es weitergeht
Must-Reads in der neuen „Journalist:in“
„30 UNTER 30“: Wer die Sprecherbranche in Zukunft prägen wird.
„KRONEN ZEITUNG“: Vom langen Ringen zur neuen Ära.
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