„Journalist:in“-Herausgeber Georg Taitl über Chancen und Risiken von KI – und warum Haltung im Journalismus wichtiger ist denn je.
Salzburg – Künstliche Intelligenz verändert die journalistische und kommunikative Arbeit grundlegend. Patrick Swanson spricht in der
„Journalist:in“-Titelgeschichte von einem „Werkzeug“, das Redaktionen stärkt – solange der Mensch die Verantwortung behält. Herausgeber Georg Taitl erklärt im Editorial, warum Haltung, Transparenz und Empathie die wahren Unterscheidungsmerkmale im KI-Zeitalter sind:
Patrick Swanson ist in kurzer Zeit zum zweiten Mal auf unserem Titel – nicht nur, weil das Thema Künstliche Intelligenz in Medien und Kommunikation so wichtig ist, sondern weil er Dinge sagt, die für Journalistinnen, Journalisten und Medienschaffende richtungsweisend sind.
Jobs werden verschwinden, neue entstehen, „aber Journalisten werden nicht überflüssig“, betont der Gründer des KI-Labors Verso in San Francisco und ehemalige Social-Media-Leiter der ORF-ZIB. Am Anfang, bei der Recherche, bleibt der Mensch unersetzlich: Vertrauen zu Quellen aufbauen, Geschichten vor Ort entdecken, zuhören, wenn jemand erzählt, was im Bezirk wirklich los ist.
KI kann unterstützen, analysieren, Abläufe automatisieren – doch moralischer Kompass, Empathie und die menschliche Stimme bleiben unverzichtbar. „KI als Werkzeug, der Mensch als vertrauenswürdige Stimme“, fasst Swanson zusammen.
Und genau diese menschliche Kontrolle wird derzeit besonders sichtbar: Jüngst gibt es Momente, da sitzen Redakteurinnen und Redakteure im Newsroom, schauen auf den Bildschirm und denken: „Huch, wer schreibt hier eigentlich gerade?“ Antwort: eine KI. Transkriptionen, Faktenchecks, automatische Zusammenfassungen von Parlamentssitzungen – alles kein Problem mehr für die Algorithmen.
In unserer Titelstrecke berichten KI-Verantwortliche österreichischer Medien von Effizienzgewinnen, aber auch von der einen oder anderen Peinlichkeit: Halluzinationen, veraltete Infos, ab und zu ein skurriles Wort.
Barbara Steinbrenner, KI-Expertin und Online-Redakteurin bei der „Presse“, ergänzt Swansons Sicht. KI könne heute Transkriptionen, Übersetzungen oder Routineaufgaben übernehmen – aber der größte Trumpf der Journalistinnen und Journalisten bleibe ihre Fähigkeit, Themen auszuwählen, Recherchen vor Ort zu machen und exklusive Geschichten aufzudecken.
Für Steinbrenner liegt darin die Chance: Redakteurinnen und Redakteure gewinnen Zeit für eigenständige Recherchen, können kritisch denken und die journalistische Qualität steigern.
Auch in der Unternehmenskommunikation sieht es ähnlich aus: KI entlastet, beschleunigt, liefert Bilder, Textvorschläge, Ideenblitze. Drei Dinge kristallisieren sich heraus: Effizienz, Authentizität, Transparenz. Routineaufgaben werden automatisiert, Teams gewinnen Zeit für Strategie. KI könne Stil verbessern – Haltung könne sie aber nicht ersetzen, betont der Pressesprecher der Österreichischen Post, Markus Leitgeb, in einem Essay zur Titelstrecke.
KI kann also vieles. Sie kann Texte schreiben, Bilder erzeugen, Abläufe automatisieren. Aber sie kann keine Haltung zeigen, keine Empathie entwickeln, keine Entscheidungen treffen, die den Menschen ins Zentrum stellen. Journalismus, Kommunikation, Wissenschaftsarbeit – all das bleibt zutiefst menschlich. Und genau darin liegt die Chance: Technik als Werkzeug, Mensch als unverzichtbare Stimme.
Must -Reads in der aktuellen „Journalist:in“:– Ranking: Die besten Unternehmenssprecher Österreichs
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– Christina Pausackl: Wie die neue Chefredakteurin „Datum“ umbaut
– Texte retten: 10 Hacks vom Profi.